
Was ist eigentlich Physiotherapie und wer kann sie verordnen?
Physiotherapie – Eine Definition
Die Therapie zur Wiederherstellung der natürlichen Funktionen des Körpers ist bekannt als Physiotherapie. Der Begriff basiert auf dem altgriechischen Begriff „phýsis“ für „Natur“ und „therapeía“ für „Dienen“ oder „Heilung“. In der Vergangenheit wurde sie oft auch als Krankengymnastik bezeichnet und umfasst ein gezieltes Training sowie die Anwendung von Heilmitteln zur Verbesserung oder Erhaltung der Bewegungs- und Funktionsfähigkeit des menschlichen Bewegungsapparats.
Die Physiotherapie selbst ist unterteilt in verschiedene Anwendungsbereiche.
Eine kleine Geschichte der Physiotherapie
Physiotherapie im Altertum
Die Physiotherapie hat eine lange Geschichte mit vielen etablierten Methoden. Bereits in der Frühzeit wurden Thermal- und Mineralquellen zur Behandlung genutzt. Vor etwa tausend Jahren waren in Europa verschiedene Massagen und medizinische Bäder bekannt. Noch früher erhielten die Teilnehmer der Olympischen Spiele Unterstützung von Trainern, die auf „körperliche Reinheit“ achteten. Hippokrates, ein griechischer Arzt, vertrat Ansichten, die in der modernen Physiotherapie wiederzufinden sind. Er sah den Körper als Organismus und betonte, dass die Natur heilende Kräfte hat. Körperliche Aktivitäten wie Spaziergänge, Schwimmen und Tanzen wurden empfohlen. In China gab es schon vor 4.000 Jahren Übungs- und Ernährungskonzepte. Qigong und Tuina-Anmo wurden schon früh in Asien als Gesundheitsmethoden genutzt. Im späten Mittelalter geriet dann das Wissen über den menschlichen Körper in Vergessenheit, bis die Renaissance die antiken Ideale wiederbelebte.
Physiotherapie in Zeiten der Aufklärung
Durch den Humanismus rückten Frauen, Kinder und Menschen mit Behinderungen in den Fokus der medizinischen Betrachtung. Im 18. Jahrhundert wurde die Orthopädie von Nicolas Andry begründet. Er verschrieb spezielle Übungen zur Behandlung und Vorbeugung. Jean-André Venel gründete 1780 die erste orthopädische Einrichtung, während Guts Muths die pädagogische Gymnastik in Deutschland einführte. Pehr Henrik Ling entwickelte eine Therapie-Gymnastik, die auf alltäglichen Bewegungen basierte und kombinierte seine Behandlungen mit gezielten Massagen. Während es im 18. Jahrhundert bereits erste beliebte Medikamente gab, befürworteten einige Ärzte Mineralwässer und Wasserkuren, die im 19. Jahrhundert weithin populär waren. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts gewann die Hydrotherapie an Bedeutung, besonders dank Sebastian Kneipp, der eine Lebensweise mit pflanzlichen Arzneimitteln und Gesundheitsaufklärung kombinierte.
Physiotherapie in der Moderne
Die deutsche Hauptstadt wurde von Albert C. Neumann mit der „schwedischen Heilgymnastik“ bereichert. Er definierte den Beruf des „Gymnasten“ und setzte sich für die Gleichberechtigung der Frauen ein. 1853 eröffnete er die erste Schule für Gymnastik ausschließlich für Frauen. Gustav Zander entwickelte ab 1865 ein System aus Geräten für Gymnastik und Massage, bekannt als medico-mechanische Therapie. Diese Apparaturen wurden in „Zander-Zentren“ für präventive und therapeutische Zwecke genutzt. Nun wurden Heilbäder und die Kneipp-Lehre wiederentdeckt. In den 1950er Jahren etablierte sich mit dem ZVK, dem Zentralverband für Krankengymnastik, der größte deutsche Verband. Schließlich wurde im Jahr 1959 der Beruf „Physiotherapeut“ gesetzlich von anderen medizinischen Berufen getrennt.
Physiotherapie ist ein ganzheitlicher Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität
Die Lebensqualität wird durch die Arbeit von Physiotherapeutinnen und -therapeuten maßgeblich beeinflusst. Sie unterstützen Menschen in allen Altersgruppen dabei, ihre Beweglichkeit zu steigern, Schmerzen zu mildern und gesundheitliche Beschwerden zu bewältigen. In verschiedenen Einrichtungen wie z.B. Arztpraxen, Krankenhäusern, Sportclubs oder in Praxen für Physiotherapie arbeiten Physiotherapeutinnen und -therapeuten, um die Mobilität, Leistungsfähigkeit und Selbstständigkeit ihrer Klienten wiederherzustellen. Der umfassende Behandlungsansatz ist ein wichtiger Bestandteil der Physiotherapie, die zahlreiche Aufgaben beinhaltet. Therapeutinnen und Therapeuten für Physiotherapie betrachten den menschlichen Organismus als Ganzes und beziehen aktiv die betroffenen Personen in ihre Therapie mit ein. Dies ermöglicht es ihnen, eine maßgebliche Rolle bei ihrer eigenen Genesung und langfristigen Gesundheit zu spielen. Zu den vorrangigen Aufgaben zählen:
- Untersuchung und Diagnostik
Die Analyse von Verletzungen, Krankheitsbildern und Gesundheitsproblemen ist eine wichtige Tätigkeit von Physiotherapeutinnen und -therapeuten. Die Therapeuten erstellen maßgeschneiderte Therapiepläne, steigern die Beweglichkeit, mildern Leiden und stellen die Funktionstüchtigkeit im Bewegungsapparat wieder her. Die Patientinnen und Patienten werden mit nützlichen Informationen versorgt, um ihre körperliche Stärke und Flexibilität eigenständig zu verbessern. Mithilfe spezifischer Methoden mildern Physiotherapeutinnen und -therapeuten Schmerzen und unterstützen die Mobilität.
- Ständige Betreuung
Die Wirksamkeit der Behandlung wird regelmäßig überprüft und bei Bedarf angepasst, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen.
- Zusammenarbeit mit anderen Experten
Physiotherapeuten arbeiten in enger Kooperation mit Ärzten und anderen Gesundheitsspezialisten, um ganzheitliche Behandlungskonzepte zu entwickeln. Die physiologisch basierte Bewegungstherapie ist bei Problemen mit dem Bewegungsapparat, neurologischen Störungen, inneren Krankheiten und psychischen Beschwerden sinnvoll. Durch ihre Arbeit fördert sie die Entwicklung, Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung körperlicher und mentaler Fähigkeiten. Physiotherapeutinnen und -therapeuten helfen ihren Klienten, mit langfristigen Krankheiten umzugehen, sich von Verletzungen zu erholen, Operationen zu vermeiden und den Gebrauch von Medikamenten zu verringern.
Wann kommt die Physiotherapie zum Einsatz?
Die Anwendung von Physiotherapie ist bei vielen Beschwerden angebracht. Einige Beispiele:
- Rückenschmerzen
- Rheuma
- Arthrose
- Leiden aufgrund von Verschleiß oder Verletzungen an Muskeln, Sehnen oder Gelenken
- Probleme im Beckenbodenbereich wie Inkontinenz oder Beschwerden
- Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems
- Atemwegserkrankungen
- Neurologische Erkrankungen wie Parkinson, Schlaganfall oder Multiple Sklerose
- Entwicklungsstörungen bei Kindern, beispielsweise im Bereich der Muskeln oder Knochen
- Zudem kann Physiotherapie auch Menschen helfen, die Hilfe und Pflege benötigen, vor allem auch Seniorinnen und Senioren – zum Beispiel durch das Training alltäglicher Bewegungsabläufe, Stärkung der Muskulatur und Vermeidung von Stürzen.
Die wichtigsten Behandlungsformen der Physiotherapie
Ein wichtiger Bestandteil der körperlichen Rehabilitation ist die aktive Bewegungstherapie. Dies umfasst verschiedene Übungen, die darauf abzielen, die Beweglichkeit, Koordination und Muskelkraft zu verbessern. In der Regel dient jede Therapiesitzung dazu, konkrete Übungen zu erlernen und auszuführen.
Um den Patienten Unterstützung zu bieten, ist es erforderlich, dass die Übungen selbstständig und regelmäßig zu Hause durchgeführt werden. Häufig besteht das Ziel einer physiotherapeutischen Behandlung darin, neben den speziellen Übungen auch allgemein mehr körperliche Aktivität in den Alltag zu integrieren. Gelegentlich kommen auch passive Bewegungsmaßnahmen zum Einsatz. Dies bedeutet, dass die Therapeutin oder der Therapeut die Gliedmaßen – Arme und Beine – des Patienten oder der Patientin bewegt.
Zusätzlich gibt es in der Physiotherapie weitere Behandlungsmethoden, die unter dem Begriff physikalische Therapien zusammengefasst werden.
Es gibt verschiedene Maßnahmen, die angewendet werden können, um Beschwerden zu lindern, wie beispielsweise:
- Lymphdrainage und Massagen
- Therapien mit elektrischem Strom
- Anwendungen von Wärme, z. B. mittels Bädern, Fangopackungen, Wärmelampen oder Ultraschall
- Kältebehandlungen wie zum Beispiel mit Kältepackungen
Viele dieser Therapien können auch miteinander kombiniert werden.
Der Weg zur Physiotherapie
Körperliche Rehabilitationsmaßnahmen werden von qualifizierten Physiotherapeutinnen und -therapeuten angeboten.
Lymphdrainage, Massage und physikalische Behandlungen wie Wärme- oder Elektrotherapie können auch von Masseurinnen und Masseuren sowie medizinischen Bademeisterinnen und -meistern durchgeführt werden. Unterschiedliche Einrichtungen bieten Physiotherapien entweder in ambulanter oder in stationärer Form, zum Beispiel in physiotherapeutischen Praxen, Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken und Pflegeeinrichtungen.
Voraussetzung zur Kostenübernahme einer Behandlung bei gesetzlich Versicherten ist eine ärztliche Verordnung
Um in einer Physiotherapie-Praxis behandelt zu werden, ist eine ärztliche Verordnung, z.B. Rezept erforderlich. Die Verschreibung enthält für gewöhnlich die Anzahl der Therapieeinheiten und die Frequenz. Die Termine werden in der Regel ein- bis dreimal pro Woche nach ärztlicher Anweisung durchgeführt. Die Therapie muss innerhalb von 28 Tagen nach Ausstellung des Rezeptes begonnen werden, da es sonst seine Gültigkeit verliert.
Wenn eine dringende Behandlung notwendig ist, muss der Hinweis auf „Dringlichkeit“, das bedeutet, Behandlung innerhalb von 14 Tagen, auf dem Rezept vermerkt sein. Ein Rezept verliert seine Gültigkeit, wenn die Behandlung ohne Begründung länger als 14 Tage unterbrochen wird. Für jedes Rezept muss man einen Eigenanteil von zehn Euro Rezeptgebühr plus zehn Prozent der Behandlungskosten zahlen, es sei denn, man ist von der Zuzahlung befreit.
Die Kosten für individuelle Heilbehandlungen variieren. Wenn beispielsweise 30 Euro für eine Sitzung verlangt werden, beläuft sich der Selbstbehalt bei sechs Sitzungen auf 28 Euro (10 Euro Rezeptgebühr plus 6 x 10% der Behandlungskosten = 3 Euro). Eine ärztlich verordnete Physiotherapie ist in der Regel von den gesetzlichen Krankenversicherungen abgedeckt, abgesehen vom Eigenanteil.
Physiotherapie – ein ganzheitlicher Ansatz zur Vorsorge und Heilung
Zusammenfassend lässt sich Physiotherapie also wie folgt beschreiben: Die Physiotherapie ist ein umfassendes Bündel an Maßnahmen zur Analyse, Vorsorge, Schmerzbehandlung und Behandlung von Krankheiten, bei dem der Bewegungsapparat des Menschen im Mittelpunkt steht. Dabei geht es immer um eine ganzheitliche Sicht auf den Menschen, denn im Körper spielen alle Bereiche zusammen: Kein Körperteil lebt isoliert von anderen Körperteilen oder isoliert von der Psyche, alles wirkt mit allem zusammen.
In einem ganzheitlichen Ansatz geht es um die Wiederherstellung der natürlichen Körperfunktionen insbesondere – aber nicht nur – durch Bewegungstherapien. In den Therapiezentren der VITA-Gruppe arbeiten Experten mit physiotherapeutischer, ergotherapeutischer, osteopathischer, Reha- und ernährungsmedizinscher Ausbildung Hand in Hand an einer patientenzentrierten Gesundheitstherapie. Denn im Mittelpunkt der Physiotherapie steht der Mensch.
Konkrete Tipps und eine individuelle Beratung erhalten Sie direkt bei Ihren Physiotherapie-Experten im VITA-Gesundheitszentrum in Ihrer Nähe.
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